16.02.2022 – Protest am Abschiebegefängnis

Am 16.02.2022 fanden wir uns am frühen Morgen zusammen mit knapp 30 weiteren Aktivist:innen vor dem Abschiebegefängnis in Pforzheim ein. Anlass war die geplante Abschiebung des Kurden Muhammed Tunc.

Er saß zu diesem Zeitpunkt bereits eine Woche im Abschiebegefängnis und war seit fünf Tagen im Hungerstreik.

Immer wieder erleben wir, wie hier in Pforzheim Menschen im Abschiebeknast landen und bis zu ihrer Abschiebung hier festgehalten werden. Immer wieder erleben wir, wie die Menschen von der Regierung ihrem Schicksal überlassen werden. All zu oft handelt es sich bei den Menschen hier in Haft um Personen, die in anderen Ländern politisch verfolgt werden. Und all zu oft werden Sie in genau diese Länder abgeschoben.

Viele von ihnen lebten bereits ihr ganzes Leben in Deutschland und haben hier eine Familie. Diese müssen sie zurück lassen. Ungewiss, was aus ihnen wird. Genauso ungewiss ist ihr eigenes Schicksal. Was passiert mit ihnen, wenn sie in den Abschiebeländern ankommen?

Die meisten von ihnen werden sofort verhaftet bzw. den Behörden vor Ort übergeben. Ihnen droht oft Folter und Tod.

Egal ob Kurd:innen, Tamilen oder Geflüchtete aus anderen Ländern, wir können nicht zulassen, dass der Deutsche Staat Menschen in Länder abschiebt, in denen sie nicht sicher sind.

Am Mittwoch morgen standen wir am Abschiebeknast, da ein Mensch in die Türkei abgeschoben werden sollte. In ein Land, das man als faschistisch bezeichnen kann. Ein Land, dass erst vor zwei Wochen wieder Angriffe auf Nordsyrien geflogen hat, mit Unterstützung von der NATO und mit deutschen Waffen. Ein Land, in dem er aufgrund seiner kurdischen Herkunft politisch verfolgt wird.

Es gehört auch zur Aufgabe von uns als Antifaschist:innen, auf Abschiebungen aufmerksam zu machen und diese als das zu benennen, was sie sind: die Beteiligung Deutschlands an Folter und Mord von politisch Verfolgten. Scheinbar ungeniert setzt die grüne Landesregierung in Baden-Württemberg nach wie vor Abschiebungen durch und fungiert als Kriegstreiber.

Dieselbe Partei, die sich einst als Friedenspartei gründete, ist inzwischen auf Kuschelkurs mit dem Kriegsbündnis NATO. Eine Partei, die inzwischen das Auswärtige Amt leitet.

Genau dieses warnt davor, in die Türkei einzureisen, sollte man auch nur einen Post, in dem es um Kurdistan geht, geliket haben, da man sonst dort verhaftet werden könnte. Wie rechtfertigten sie dann, Menschen mit kurdischen Wurzeln in genau dieses Land abzuschieben? Müssen Abschiebungen nicht immer in sogenannte „sichere Länder“ erfolgen?

Selbst wenn diese Kriterien erfüllt sein sollten, ist es nicht vertretbar, Menschen abzuschieben.

Wir werden uns auch weiterhin solidarisch zeigen mit allen von Abschiebung betroffenen Menschen. Denn solange Menschen Opfer dieser unmenschlichen Abschiebepolitik werden und dadurch bewusst in Kauf genommen wird, dass ihr Leben auf dem Spiel steht, werden wir auf die Straße gehen und zeigen, dass wir ein System, in dem dies möglich ist, nicht unterstützen.

Das verhalten der Polizei an diesem Tag war auch einmal mehr bezeichnend für diesen repressiven Staat. Trotz angemeldeter Kundgebung, wollten die Beamt:innen die Anmeldung vorerst nicht anerkennen. Mit weiteren Schikanen versuchten sie uns einzuschüchtern.

Nach vielen Telefonaten durften wir unsere Kundgebung offiziell stattfinden lassen. Jedoch verbannte uns die Polizei ans Ende der Straße. Immer wieder wurde uns mit Zwang gedroht.

Schon bei Kleinigkeiten, wie auf der Straße stehen, machten die Polizist:innen viel Drama.

Auch in der Vergangenheit hat die Polizei Kundgebungen, die an Tagen von Abschiebungen stattfanden, mit viel Repression und Gewalt überzogen.


Trotz allem konnten wir, gemeinsam mit seiner Familie, Muhammed Tunc unsere Solidarität mit lauten Parolen zeigen. Eine Blockade der Straße umfuhr der Gefangenentransporter leider und konnte Muhammed Tunc zum Stuttgarter Flughafen bringen.

Im Verlauf der letzten Tage haben wir erfahren, dass die Abschiebung am Dienstag nicht durchgesetzt werden konnte, da sich das Personal des Linienflugs weigerte, den Gefangenen mitzunehmen, nachdem dieser verbal protestierte.

Auch die für heute angesetzte Abschiebung wurde nicht durchgesetzt. Muhammed Tunc sitzt nach wie vor in Pforzheim im Abschiebegefängnis.

Die Gefahr einer Abschiebung ist nach wie vor noch nicht gebannt. Man muss weiterhin mit Personen, die von einer Abschiebung betroffen sind, solidarisch bleiben und sie unterstützen.

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